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Beitrag vom 14.09.2009: Berlin Bildungsreise - Tag drei, Donnerstag

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RadioEdi interviewt Thomas Strobl MdB





War es schon immer Ihr Wunsch, Politiker zu werden? Oder hatten Sie auch andere Berufswünsche?



Von Beruf bin ich ja zunächst einmal Rechtsanwalt, hatte also in der Tat andere Berufswünsche und habe diese auch realisiert. Erst seit meinem Einzug in den Bundestag 1998 bin ich auch Politiker berufsweise. Richtig ist aber, dass mich Politik schon früh fasziniert hat. Bereits mit 16 bin ich in die Junge Union eingetreten und habe während der Schulzeit und parallel zum anschließenden Jura-Studium politische Arbeit auf ehrenamtlicher Basis geleistet. Politik begleitet mich also in der Tat schon seit meiner Jugend. Darauf zielte ja, glaube ich, Ihre Frage ab.



Macht es Ihnen Spaß, politisch tätig zu sein? Können Sie uns eine interessante Begebenheit berichten?



Es bereitet mir großen Spaß, politisch tätig zu sein. Die Möglichkeiten, Dinge zu verändern, gestalterisch auf gesellschaftlicher Ebene Einfluss zu nehmen – das ist der Kern dessen, was mich an der Politik fasziniert. Was die interessanten Begebenheiten betrifft, gibt es davon so viele, dass eine Auswahl schwer fällt. Begegnungen mit Staatsgästen aus dem Ausland z.B. sind für mich immer interessant, weil man neue Sichtweisen kennenlernt und über den eigenen nationalen Tellerrand hinausschaut. Auch Diskussionen mit politisch Andersdenkenden sind für mich von großem Interesse, da sie einen zwingen, ständig die eigene Haltung zu reflektieren. Dies verhindert Einseitigkeit im Denken und Betriebsblindheit, die schädlich wäre. Am allerinteressantesten sind für mich aber die Begegnungen mit Menschen aus meinem Wahlkreis, deren Sorgen und Nöte kennenzulernen mir zentrales Anliegen ist und denen zu helfen ich ja politisch angetreten bin.



Wie sieht Ihr Alltag aus zwischen Heilbronn und Berlin?



Die Entfernung zwischen meinem Wahlkreis – dem schönsten übrigens in der Republik – und der Bundeshauptstadt ist recht groß. Ich bin deshalb oft und lange unterwegs. Man könnte uns Politiker fast als Dauer-Reisende in Sachen Demokratie bezeichnen. Das ist manchmal stressig, aber gehört zum Beruf untrennbar dazu und ist für mich kein Problem. Man lernt, die Reisezeit so sinnvoll wie möglich zu nutzen, und studiert im Zug oder Linienflugzeug Akten, Gesetzestexte, allgemeine Korrespondenz oder bereitet Reden vor. Für eine beschauliche Betrachtung der schönen Landschaften, die man passiert, hat man allerdings keine Zeit und von vielen Städten, durch die ich komme, kenne ich nur die Bahnhöfe oder Flughäfen. Das bedauere ich ein wenig.



Sie sind auch noch Rechtsanwalt in Heilbronn. Haben Sie für Ihren Beruf noch Zeit?



Seit ich im Bundestag sitze, eher wenig. Ich halte mich aber in juristischen Fragen auf dem Laufenden, spreche, so oft es geht, mit meinen Kollegen aus unserer gemeinsamen Anwaltskanzlei und bewahre mir bewusst dieses zweite berufliche Standbein, um nicht von der Politik als Broterwerb abhängig zu sein. Das würde meine Unabhängigkeit und geistige Freiheit, an der mir viel liegt, zu sehr einschränken.



Sicherlich haben Sie auch Hobbys, die einen Ausgleich zu Ihrer politischen Arbeit darstellen: Möchten Sie uns eines davon verraten? Wie viel Zeit bleibt Ihnen dafür?



Ich beteilige mich gerne an sportlichen Laufwettbewerben (auch über längere Strecken wie Halbmarathon), genieße aber auch das ruhige Wandern ohne Zeitdruck in schöner Berglandschaft. Daneben greife ich gerne zu einem guten Buch und lese. Früher war ich überdies, aber das ist lange her, aktiver Turner und errang mit der TG Heilbronn den Titel des württembergischen Jugendmeisters. Für alle diese Aktivitäten bleibt, wie Sie zu Recht annehmen, wenig Zeit, doch das ist eben der Preis einer Abgeordnetentätigkeit.



Ich erinnere an Ihre Arbeit in Ihrem Wahlkreis Heilbronn, an Ihre vielen Tätigkeiten in Berlin: Bleibt da noch viel Zeit für Familie?



Leider ähnlich wenig wie fürs Lesen, Laufen und Wandern; und dies bedauere ich nun wirklich, da ich ein Familienmensch bin, der die Geborgenheit und Wärme braucht, die man nur in der Familie finden kann. Wann immer sich mir also die Möglichkeit dazu bietet, bin ich mit meiner Frau Christine, mit meinen Eltern und Schwiegereltern, Geschwistern und Anverwandten zusammen. Das ist mir sehr, sehr wichtig.



Hatten Sie privat schon Kontakte mit behinderten Menschen und hat Ihnen das für Ihre politische Arbeit geholfen?



Dazu ein klares doppeltes Ja. Schon allein altersbedingt hatte ich engen Kontakt zu behinderten Menschen, gehöre ich doch zu den sog. Contergan-Jahrgängen, in die durch falsche Medikamentierung schwangerer Mütter eine große Zahl missgebildeter Kinder hineingeboren wurde, die praktisch meine Alterskameraden sind. Auch im Heilbronner Raum gab es Contergan-Geschädigte, und ich kenne einige persönlich seit meiner Kindheit. Eine andere Art von Behinderung betrifft mich sogar familiär. Sie wissen vermutlich, dass mein Schwiegervater, Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, seit einem Attentat auf sein Leben querschnittsgelähmt ist und im Rollstuhl sitzt. Die Sorgen und Nöte behinderter Menschen sind mir daher nicht nur gut, sondern, ich darf sagen, bestens vertraut, was meine politische Arbeit stark beeinflusst, ja ihr voll und ganz zugute kommt.



Gibt es konkrete Projekte, mit denen Sie sich für die Belange der behinderten Menschen in Ihrem Wahlkreis einsetzen?



Um nur ein Beispiel zu nennen: Im Moment engagiere ich mich sehr für die Modernisierung des Hauptbahnhofs in Heilbronn. Dabei ist mir die Forderung nach Barrierefreiheit wichtig. Es darf nicht sein, dass Behinderte, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, diese Verkehrsmittel nicht nutzen können, weil der Weg dahin verbaut ist. Das muss sich ändern – und dafür trete ich ganz persönlich ein.



Welche Projekte hat die Bundesregierung für Menschen mit Behinderungen geplant?



Glücklicherweise eine ganze Menge. Vor wenigen Tagen stellte Karin Evers-Meyer, die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, konkrete Projekte vor. So soll schnellstmöglich für barrierefreie Arztpraxen gesorgt werden, eine bislang fehlende Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen in der Kranken- oder Lebensversicherung erreicht werden, und schließlich wird geplant, eine gynäkologische Spezialambulanz für Frauen und Mädchen mit Behinderung einzurichten, und zwar zunächst in München als Pilotprojekt. Ein Erfolg der CDU/CSU-geführten Bundesregierung ist auch die unlängst beschlossene und im März Gesetzeskraft erlangende Übernahme der UN-Behindertenrechtskonvention in nationales Recht. Damit werden die Rechte behinderter Menschen beträchtlich und vom Grundsatz her gestärkt. Das ist, denke ich, ein großer Erfolg.