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17.01.2014

Steffen wird flügge

Ich, Steffen, lebe seit fast 20 Jahren im Eduard-Knoll-Wohnzentrum. Mir gefällt es hier gut. Und doch war da oft so ein Gefühl – könnte es nicht auch noch etwas anders geben? Will ich für den Rest meines Lebens in Krautheim wohnen?
Naja, Krautheim ist schön, aber ich bin in der Stadt aufgewachsen, irgendetwas fehlte mir schon.
Als dann unsere Mitbewohnerin Sevda den Riesenschritt wagte, sich eine eigene Wohnung in Mannheim zu nehmen, kam ich ins Grübeln. „Könnte das nicht auch etwas für mich sein?“ fragte ich mich. Aber so ganz auf sich alleine gestellt, wie macht das die Sevda eigentlich? Das wollte ich wissen und prompt machten wir einen Abteilungsausflug nach Mannheim. Die Gelegenheit für mich, mir alles vor Ort anzuschauen, was mir Sevda bei ihren gelegentlichen Besuchen erzählt hatte. Und nicht nur das, ich durfte mir sogar eine Wohnung anschauen, in der ein WG-Platz frei wäre.
Gemeinsam mit Sevda und ihrer Assistentin machte ich mich auf den Weg. Mein potentieller WG-Genosse stellte sich als echt netter Kerl heraus und so fragte ich, ob ich nicht einfach mal Probewohnen könnte bei ihm. Er freute sich sehr und hatte großes Verständnis für meine Bitte. Somit konnten wir auch feststellen, ob wir beide miteinander zurechtkommen würden.
Am 14. Dezember 2013 war es dann soweit, das Abenteuer konnte beginnen. Zusammen mit meinem PC, meinem wichtigsten Begleiter, fuhr ich in der S-Bahn nach Mannheim. Vorher war ich noch nie mit der S-Bahn gefahren, ich wusste nicht, ob ich das schaffe. Aber wie man sieht – ich lebe noch. Die Fahrt war für mich echt ungewöhnlich. Irgendwie war es selbstverständlich und niemand dachte auch nur darüber nach, dass irgendetwas nicht klappen könnte. Außer mir.
In Mannheim angekommen, warnte mich die Assistentin vor, dass gerade an diesem Tag eine Demo am Bahnhof stattfindet. Unter anderem spielte auch eine Band zur lautstarken Unterstützung. Die Assistentin tat so, als hätte sie diese Band extra für meine Ankunft bestellt. Dass es an diesem Tag auch regnete schoben wir auf Sevda. Eigentlich kann man vom Bahnhof gemütlich zu meiner neuen Wohnung laufen, doch wegen des Regens entschlossen wir uns, mit der S-Bahn zu fahren. Übung hatte ich ja jetzt schon darin.
In der Wohnung angekommen, wartete dort schon eine weitere Assistentin und erklärte mir, dass ich heute fürs Abendessen zuständig bin. „Wie zuständig?“ dachte ich mir. Sie erklärte: “Ich koche für euch, aber nur, wenn entsprechende Zutaten da sind und du mir sagst wie ich was machen muss“. Ich hatte keine Ahnung, davon aber jede Menge. Aber als Internetfreak suchte ich mir gleich mal die Seite Chefkoch.de. Da ich mich für Pfannkuchen entschieden hatte, gab ich in die Suche einfach mal „Pfannkuchen“ ein. Es kamen zig verschiedene Rezepte für Pfannkuchen. Ich klickte wahllos eins an und bestimmte, dass ich nach diesem Rezept einkaufen und kochen wollte. Es war nicht allzu schwer die Zutaten zu besorgen.
Beim Kochen fragte mich die Assistentin immer wieder, was sie jetzt machen sollte. Da ich 36 Jahre lang im Heim gelebt habe und mich nur an einen gedeckten Tisch setzen musste, habe ich mich noch nie mit dem Kochen beschäftigt. Aber ich bin doch ein fixes Kerlchen und hab mir natürlich aus dem Internet Hilfe geholt. Und auch die Assistentin half mir und so konnten wir am Ende Pfannkuchen genießen. Auch meinem Mitbewohner Basti hat es geschmeckt.
Für mich war es ein ganz neues Erlebnis, dass jemand nur auf mich hört und nur ausführt, was ich diktiere, z.B. auch die Wohnung sauber halten, machten die Assistenten, jedoch nur, wenn ich genau sagte was sie wie tun sollten.
Die vier Wochen vergingen wie im Flug und ich entschied mich, endgültig nach Mannheim zu ziehen. Da ich dies in Facebook ankündigte, wussten schon viele Leute Bescheid, als ich nach Krautheim zurückkehrte.
Entgegen meinen Befürchtungen, kam doch nicht Jeder und sagte „Oh, bleib doch, bleib doch…“. Die verbleibenden zwei Wochen arbeite ich ganz normal in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und räume schon mal so gut es geht in meinem Zimmer auf.
Ich freue mich auf mein neues Abenteuer und bin auch gleichzeitig etwas wehmütig gestimmt, da ich hier auch einige Freunde zurücklasse. Zum Glück wurde ja das Telefon und die E-Mail und nicht zuletzt Facebook erfunden. Somit wird es nicht schwer sein Kontakt zu halten.
Falls mich jemand in Mannheim besuchen möchte, kann er das gerne tun. Und durch meinen Bericht hat er auch gleich eine Anleitung, wie man mit der S-Bahn umgeht.
Tschüss und bis dann
Euer Steffen

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6 Kommentare

Monika Hergenröther schrieb am 17.01.2014 - 13:49 Uhr

Ja, lieber Steffen, nun machst du es doch war... vor Weihnachten, bevor du zum Probewohnen gingst, wünschte ich dir, dass das was du dir von einem Umzug nach Mannheim erhoffst, auch so kommen möge, dass deine Träume und Wünsche für ein anderes Leben in Erfüllung gehen mögen.
So machst du dich nun auf die Socken, und darfst nun zukünftig selber bestimmen, ob diese Socken nun wochenlang vor dem Bett liegen bleiben oder ob du sie doch lieber gleich in die Wäschetonne räumen lässt! Ich wünsche dir bei all den neuen Unternehmungen und Erfahrungen viel Freude, Erfolg und Glück. Viele Grüße von Monika


Anna Faber schrieb am 18.01.2014 - 12:16 Uhr

Lieber Steffen,

das freut mich alles sehr für Dich!
Ich habs ja schon irgendwie bereits geahnt, und wünsche Dir von Herzen, dass Du frei und glücklich wirst in Deinem neuen Leben.

Hab einen guten Start, bleib wie Du bist und hör immer auf Deine innere Stimme, wenn Du mal nicht weiter weisst. Es kann alles immer nur besser werden!

Liebe Grüsse aus dem kalten Singen

von Anna, Carmen Manmma


Andrea Jacob schrieb am 20.01.2014 - 10:02 Uhr

Auch von mir alles Gute zu deinem Schritt. Wenn die Socken mal kaputt sind, denke dran - es gibt Neue!!!
Du packst das!

Viele Grüße,
Andrea


Manuel Blesch schrieb am 21.01.2014 - 07:36 Uhr

Hi Steffen.

Viel Glück in deinem neuen Lebensabschnitt! Find ich cool, dass du das machst.
Allerdings muss ich jetzt wohl noch schnell nach Mannheim, um die Stadt noch einmal zu erleben, bevor du sie endgültig unsicher machst :-)
Aber Konkurrenz belebt das Geschäft und Bülent Ceylan muss sich jetzt echt warm anziehen. Immerhin hat er mehr Haare :-)
Du packst das schon! Denk im Sommer dran, dass du ne Sonnenbrille aufsetzt. So viele schöne Frauen auf einmal, wie in Mannheim, bist du nicht mehr gewohnt :-)
Back to the roots...und jetzt darfst du auch noch Chef sein für deine Assistenten...wo soll das nur enden :-)
Nen schönen Gruß von mir.
Manuel


Vera Faber schrieb am 25.01.2014 - 14:31 Uhr

Lieber Steffen,
das riecht förmlich nach Abenteuer und Lebenslust.
Ich wünsche Dir viel Freude im Dschungel der "Großstadt" und mit einer neuen Dimension an Freiheit.
Ganz große Klasse:-)
Einen lieben Gruß aus Wien,
Vera


Ingo Weiser schrieb am 27.01.2014 - 17:16 Uhr

Hi Steffen,
DAS ist ganz großes Kino!
Find ich toll, dass Du Dir einen solchen Schritt zugetraut - und inzwischen sogar umgesetzt hast!


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