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20.08.2017 EKWZ

Ein Besuch im Förder- und Betreuungs-Bereich der Werkstätte für Menschen mit Behinderung

Tobias, ein junger Bewohner des Eduard Knoll Wohnzentrums (EKWZ) hat uns vor einiger Zeit ganz stolz erzählt, dass er im FuB in der Werkstätte für Menschen mit Behinderung  (WfbM) arbeitet. FuB? Das wollten wir zwei neugierigen Mitarbeiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des EKWZ genauer wissen. Wir verabredeten uns zu einem Besuch in dieser Abteilung der WfbM.
An der Zentrale der WfbM erklärte uns ein Mitarbeiter, wo wir den FuB (Förder-und Betreuungsbereich) finden. Als wir dann aus dem Aufzug kamen, hörten wir leise Musik und schon hatte uns Tobias entdeckt. Er stellte uns gleich seinem Chef Michael und seinen Kollegen und Mitarbeitern Lena und Ingo vor.
Tobias hat sich sehr auf unseren Besuch gefreut und für uns sogar eine Führung geplant.
Sofort nahm er uns zu einem kleinen Tresor im hinteren Bereich des Raumes mit, aus dem er eine Diskette zur Datensicherung holte. Er erklärte uns: „Das hat vorher der Chef (Geschäftsführer Stefan Blank) gemacht. Seit der Server dann auf diese Etage verlegt wurde, ist das jeden Tag meine erste Tätigkeit.“ Er sagt stolz: „ich bin sehr pünktlich und zuverlässig“. Noch ist der Serverraum nicht barrierefrei und Michael muss die Diskette im Serverraum in ein Laufwerk legen, aber Michael betont: „Es ist ein gutes Gefühl, dass der FuB etwas für´s ganze Haus tun kann.“
Dann führte uns Tobias zurück an seinen „Werkstattarbeitsplatz“. Michael erklärte uns nebenher, dass alle Arbeiten, die hier gemacht werden, der Vorbereitung auf die Werkstattarbeit dienen. Die anderen Angebote sollen den Alltag strukturieren und die Lebenspraxis wie z.B. alleine trinken fördern und nicht zuletzt die Kreativität anregen. Tobias hat zunächst angefangen an diesem Platz eine halbe Stunde am Stück zu arbeiten, jetzt ist er schon bei 1,5 Std. Das Ziel sind 3 Stunden. Momentan klebt Tobias Etiketten auf Papier,  möglichst genau in ein vorgezeichnetes Feld. „Das kann ich jetzt schon 1 Stunde am Stück machen“, verkündet er, „entweder es passt und was nicht passt, wird passend gemacht“. Tobias hat alle Arbeitsschritte gelernt, die man braucht, um kleine Kartons zu falten und hat auch das nötige Material selber geholt. „Zuerst hatte ich Probleme aber mit der Zeit wurde ich so schnell, dass ich keinen Nachschub mehr bekommen habe.“ Wenn das mit den Etiketten auch noch klappt, kann er sie auf die kleinen Kartons kleben, die in einer anderen Abteilung gebraucht werden. „Morgens ist Tobias etwas fitter, gegen nachmittag, vor allem bei heißen Wetter, ist die Luft dann irgendwann mal raus“, meint Michael. „Aber mit solchen Tätigkeiten wollen wir herausfinden, welche Fähigkeiten da sind und zu welcher Tätigkeit in der WfbM sie passen könnten“.
Danach ging Tobias mit uns zum Wochenplan und erklärte uns, was dort alles eingetragen ist. Auch unser Besuch ist dort aufgeführt.  „Jeden Morgen ist die Morgenrunde, in der gemeinsam besprochen wird, was jeder so macht,“ teilte uns Tobias noch mit.
Wir bewunderten wie kreativ und künstlerisch der Plan gestaltet ist. Tobias verriet uns, dass das Werk von Ingo ist: „Der kann´s halt“.

Den FuB gibt es seit dem 19. September 2016. Momentan sind dort vier Beschäftigte in der Abteilung, ausgelegt ist sie für sechs. Später sollen es mehr werden. Tobias war von Anfang an dabei. „Das war alles ganz leer hier“, erinnert er sich. Als Erstes wurde eine kleine Küche eingebaut, was für Tobias sehr wichtig war. Er konnte von Anfang an bei der Planung und Gestaltung seine eigenen Ideen miteinbringen.

Und weiter ging´s zum Kreativraum. Dort gibt es immer unterschiedliche Projekte. Momentan läuft  die Aktion „Lesezeichen“, an der mehrere Abteilungen der WfbM beteiligt sind. Neben dem Maltisch ist auf einer Tafel genau dargestellt, was die verschiedenen Abteilungen der WfbM zum Projekt beitragen. Im FuB werden die Bilder für die Lesezeichen gemalt, die später von den Beschäftigten in die Druckerei gebracht und dort in Streifen geschnitten und im Berufsbildungsbereich laminiert werden. „Ich arbeite am liebsten mit der Rolle“, meinte Tobias, „mir liegt eher das Handwerkliche.“
Das Projekt „Lesezeichen“ ist für einen ganz neuen Bereich der WfbM, der sich erst im Aufbau befindet. Durch das sogenannte „Buch-Meister“-Konzept, ein Franchise-Unternehmen, wird unser Buchhandel mit dem Verkauf von gebrauchten Büchern erweitert. Aber schon jetzt kann man gelesene Bücher im Berufsbildungsbereich abgeben,  anstatt sie selber online zu verkaufen. Als Dankeschön erhält man ein Lesezeichen, das ein Gemeinschaftswerk vieler Beschäftigter der WfbM ist.

Tobias zeigte uns nun den Snoezelen Raum. Michael erklärte uns , dass das eine niederländische „Erfindung“ ist. Es ist ein Angebot für alle Menschen die Entspannung und Ruhe, oder auch neue Anregung der Sinne suchen. In dem Raum steht ein Bett mit einer speziellen Matratze, auf der man bei Musik die Bässe spüren kann. Bei der Musikauswahl ist alles erlaubt was gefällt, also von Meditation über Klassik bis Heavy Metall. Wenn der Raum abgedunkelt ist, kommen die Farben einer Licht- und Wassersäule gut zur Geltung. Der Farbwechsel kann automatisch geschaltet sein, oder von den Beschäftigten aktiv geändert werden. Dazu kann man noch einen speziellen Duft aus verschiedenen Ölen auswählen. Tobias meinte: „Ich mach das nicht so oft, am Anfang konnte ich mir das gar nicht vorstellen, aber Entspannung ist gut. Ich höre am liebsten Schlager.“

In einer anderen Ecke der Abteilung fiel uns ein Bett auf, das mit einem Vorhang abgeschirmt ist. Dort wird eine junge Frau (Nicole) betreut, die sehr viel liegen muss und oft einen Mitarbeiter ganz für sich alleine braucht. Michael sagte, dass auch Tobias gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen und ab und zu nach der jungen Frau schaut und sie aufmuntert.

Die Stunde für die geplante Führung ist schon fast zu Ende. In der Mitte des großen Raumes nahmen wir an einem Tisch Platz. Wir erfuhren noch, dass neue Beschäftigte der WfbM erst in den Berufsbildungsbereich kommen und eine ein bis zweijährige individuelle Rehamaßnahme durchlaufen. Mit dem Ziel, erst einmal herauszufinden, was der einzelne will und was er machen kann. Im besten Fall kann der Beschäftigte wieder zurück auf den ersten Arbeitsmarkt. Wenn das nicht möglich ist, wechselt er oder sie in den Arbeitsbereich oder in den FuB. Es kann auch erforderlich sein, sofort im FuB zu starten. Dort kann man ohne Leistungs- und Zeitdruck auf die Arbeitsbereiche vorbereitet werden. Außerdem ist das Ziel, in einzelnen Bereichen selbstständiger zu werden. Das können ganz kleine Schritte sein, wie z. B. das öffnen einer Trinkflasche. Was für die einen etwas ganz Normales ist und wenige Sekunden dauert, kann für die anderen eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Danach sind sie natürlich stolz, dass sie es schaffen.

Zusammenfassend stellte Tobias fest: „ Ich bin gern hier, und ab und zu gehe ich zum Chef, (Geschäftsführer Stefan Blank), der mir sagte: ´Wenn es etwas zu regeln gibt, soll ich persönlich bei ihm vorbeikommen`. Als ich zuerst nur im Wohnheim war, war es mir langweilig, ich brauch etwas zu tun. Früher war ich oft krank, jetzt überhaupt nicht mehr. Ich fühl mich in der WfbM und dem EKWZ wohl. Dieses Jahr war ich sogar bei einer Freizeit der WfbM dabei, das war seit meiner Schulzeit zum ersten mal wieder ein Urlaub.“
Wir sind beeindruckt von der Arbeit in dieser Abteilung der WfbM und dürfen uns zum Schluss noch ein Lesezeichen aussuchen.


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