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10.03.2017 Bewohnerbeiträge

Mit Ulrike Gall auf dem Jakobsweg

Zwei Bewohnerinnen des Eduard Knoll Wohnzentrums interessierten sich für einen Vortrag über den Jacobsweg hier in Krautheim. Unabhängig voneinander beschlossen sie, diesen Vortrag zu besuchen. Hier ihre Berichte.

Andrea J erzählt:

Als meine Arbeitskollegin Michaela mir den Vorschlag machte, einen Vortrag von Ulrike Gall über ihre Eindrücke vom Jakobsweg zu besuchen, war ich gleich Feuer und Flamme, hatte ich doch das Buch von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg…“ gelesen und war total begeistert. Nun bekam ich durch den Vorschlag von Michaela die Gelegenheit, das Gelesene in Bildern zu sehen.

Aber wie sich herausstellte, waren wir nicht die einzigen aus dem Wohnzentrum, die die Idee hatten: Zu uns gesellten sich noch Anita S. und Norman Weyrosta mit seiner Frau. Aufgrund des überwältigenden Interesses wurde der Vortrag in den Johannitersaal auf dem Berg verlegt. Dieser Saal ist nur über Stufen zu erreichen, und die musste ich nun mit Rollstuhl irgendwie hoch schaffen. Tatkräftige Männer eilten uns zu Hilfe und so gelang ich „schwebend“ in den Saal.

Ulrike Gall begann ihren Vortrag mit einem Bild über die Strecke, die sie laufen wollte. Sie lief am Ostersonntag von Gommersdorf los und kam nach über 3 Monaten in Santiago de Compostella an. Etappenweise wurde sie von ihrem Mann und einer Freundin begleitet. Auf ihrem Weg dorthin begegneten ihr viele Menschen, manche davon traf sie immer wieder, denn jeder hat sein eigenes Tempo. Weiter berichtete sie über die unterschiedlichen Wege. Teilweise sind sie gut ausgebaut, teilweise eher Waldwege und manchmal ließen sich die Wege auch nur erahnen. Am Wegesrand taucht aber zur Orientierung immer wieder eine Muschel, das Zeichen des Pilgerweges, auf, manchmal auch als Pfeil, und so konnte man sich immer wieder versichern, dass man sich noch auf dem richtigen Weg befand. Weiter gab Ulrike Gall einen Einblick in die Übernachtungsmöglichkeiten auf der Pilgerstrecke. Überall hat man sich auf die Pilger eingestellt, die die unterschiedlichsten Beweggründe zum Loslaufen haben. Die Einkehrmöglichkeiten reichen von Herbergen, die Massenschlafgelegenheiten mit Doppelstockbetten sind, bis zu richtigen Zimmern, sogar einmal mit dem Angebot, im Pool im Garten zu schwimmen.

  Eure Andrea

Und das berichtet Anita:

Seit dem Buch vom Hape Kerkeling geht mir der Jakobsweg immer mal wieder durch den Kopf, mal mehr, mal weniger. Als ich den Aushang der Volkshochschule von Ulrike Gall sah, war klar, da muss ich hin. Als Veranstaltungsort war der rollstuhlzugängliche „outfit“-Laden von Schuh Schirmer vorgesehen, einem Geschäft gerade mal um die Ecke. Ich meldete mich an. Meine Vorfreude war groß, endlich wieder mal eine Veranstaltung selbstständig ohne Begleitperson besuchen zu können. Ein paar Tage später bekam ich die Nachricht, ich könne nicht teilnehmen, da der Veranstaltungsort in den Johannitersaal, einem Veranstaltungsraum der Stadt Krautheim, verlegt wurde.

Ich war erst mal sauer und verstand es einfach nicht. Darauf ging ich kurzerhand zu Norman, unserem Geschäftsführer, machte meinem Unmut Luft und sagte ihm aber auch:“ Ich muss da einfach hin.“ Da er selbst schon ein Stück Weg gelaufen ist, interessierte ihn der Vortrag auch und so bot er mir seine Begleitung an. Mit Unterstützung der vier Männer, die Andrea bereits erwähnte,  „schwebte“ auch ich dann die Treppen rauf. Im Saal angekommen wurden wir von einer Mitarbeiterin der Volkshochschule begrüßt.  Bei dieser Gelegenheit machten wir drauf aufmerksam, dass der Johannitersaal für Rollstuhlfahrer ungeeignet  ist. Der Saal ist nur über mehrere Stufen zu erreichen und eine barrierefreie Toilette gibt es auch nicht. Die Antwort, man hätte mir Bescheid gegeben, dass es schwierig sei, fand ich allerdings sehr enttäuschend. Gerade hier in Krautheim, wo es seit 50 Jahren ein Wohnzentrum für körperbehinderte Menschen gibt, sollte Barrierefreiheit kein Thema mehr sein und für jeden Veranstalter sollte es selbstverständlich sein, dass auch rollstuhlfahrende Menschen teilnehmen können. 

Mittlerweile konnte ich verstehen, warum der Veranstaltungsort verlegt wurde. Mit so einem Riesenansturm hatte niemand gerechnet. Mein persönliches Fazit des Abends: „Wenn man etwas wirklich will, gibt’s immer einen Weg um es zu verwirklichen“.  

Eure Anita


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1 Kommentare

Amos schrieb am 10.03.2017 - 09:16 Uhr

Liebe Anita, liebe Andrea, der Camino beginnt augenscheinlich schon in Krautheim. Auch auf diesem Weg gibt es Schwierigkeiten zu über zuwinden, wie auf dem richtigen Camino. Ihr seit so schwebend zu dem Vortrag gekommen. Es ist für die Veranstalter beschämend, das sie Bewohner des EKWZ sogar eine Absage schicken. Beschämend und gleichzeitig ein Zeichen dafür, wie wenig die Inklusion stattfindet. Und das in Krautheim!!!! Das Wohnzentrum ist ein großer Arbeitgeber, das schert die Veranstalter augenscheinlich nicht. Ihr habt eine Lösung gefunden, ich kann nur hoffen, das die nächste Veranstaltung, barrierefrei ist, das Motto sollte für alle Veranstalter sein: Wo ein Wille ist, ist auch ein Camino."


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